Die Buche – Mutterbaum Eve
„Du lieber Mensch du, ich bin Eve, Buche und Mutterbaum. Ja, ich bin geschmückt, Liberté, Égalité, Décolleté – Freiheit, Gleichheit, Decolleté. So machen wir das jetzt, wir, die Frauen. Keine Angst, natürlich lassen wir uns nach wie vor etwas sagen, von der Mama zum Beispiel.
Wer ist eigentlich die Mama von der Mama? Eine Frau, genau. Und die Mama von der Mama von der Mama? Wieder eine Frau. Wenn wir so weitermachen, sind wir ziemlich schnell in Afrika, bei den ersten Menschen vor ungefähr 300.000 Jahren. Meine Mama von der Mama von der Mama … entstand wissenschaftlich geschätzt vor 685 Millionen Jahren. Aber dieses Spiel, dieses Gedankenexperiment geht ja weiter. Irgendwann waren meine Vorfahren Pflanzen, deine waren Lebewesen, Tiere. Wir drehen das Rad noch weiter zurück und treffen zwei Uromis, die Frau Flora und die Frau Fauna.
Wir sind schon vier Milliarden Jahre zurückgegangen, das ist relativ lang oder relativ kurz. Wenn eine Schnecke von da bis zum Bahnhof St. Pölten wandert, ist das lang. Wenn der fesche Stadtwolf Lup hinunterhuscht, hat man nicht mal ein Facebook-Posting fertig gelesen. Oder die schöne Erinnerung an einen lieben Menschen zu Ende gedacht, aber zu Ende denken geht wahrscheinlich sowieso nicht. Mir wird es heut auch nicht gelingen, aber ich fang mal an.
Es muss doch noch weiter und weiter zurück eine gemeinsame Uroma von unseren Flora- und Faunamädchen geben? Und die hatte auch wieder eine Mama, eine Oma - man wird schwindlig. Das geht ja ewig weiter so! Wer war die Mama vom Sauerstoff, wie schaute die Oma vom Wasserstoff aus, hatte das Helium Geschwister, die ganzen edlen Gase, haben die alle die gleiche Mama gehabt, man wird wahnsinnig.
Also, wenn ich Mensch wäre, ich würde eine Religion erfinden, ganz schön anstrengend so viel denken – und so unpraktisch.
Frauen haben ja gern die Realität, immer wollen sie wissen, wie das ausschaut, was das kostet, wer räumt das wieder weg, ist da was Schönes für mich auch dabei, plärrt da wieder wer herum und will einen Schnuller. Vielleicht hat der erste Papa der ersten Mama eine Halskette geschenkt, damit endlich eine Ruh ist.“