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Roul Starka
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Die Amsel
Hallo, ich bin die Amsel, weil ich einer der bekanntesten Vögel bin, verrate ich dir auch meinen lateinischen Namen: turdus merula. Ich hab hier am Hauptfriedhof sehr viele Reviere und bin ein nachgewiesener Brutvogel. Meine Familie und ich sind also echte St. Pöltner und St. Pöltnerinnen. Man nennt mich auch Schwarzdrossel, weil ich aus der Familie der Drosseln komme. Ich hab ein schwarzes Federkleid und einen hellgelben bis orangen Schnabel, meine Frau trägt eher braun mit hellerem Schnabel.

Wir Amselmänner faszinieren euch täglich mit unserem Gesang, weil wir so ein großes Repertoire an Tönen und Melodien haben. Ein Amselsänger fängt an, ein anderer nimmt die Melodie auf und singt sie leicht verändert zurück. Da schaute Mozart blass aus, und ich behaupte, er hat sich einiges abgehört bei uns - worauf wir auch sehr stolz sind. Wenn die Rettung, die Feuerwehr oder die Polizei quer durch St. Pölten fährt, können wir die Tonfolge deren Sirenen nachmachen, wir kombinieren sie sogar. Eigentlich sollten wir eine Anstellung in der Musikschule Süd bekommen, als Bezahlung nehmen wir Regenwürmer und Käfer.

Am besten hörst du uns zwischen Anfang März und Ende Juli, auf St. Pöltnerisch: Kurz nach dem neuen Eislaufplatz bis zwei Wochen vor Frequency, oft schon vor der Dämmerung. Wir sind der Vogel, bei dessen Gesang du schon oft gesagt hast: „Jössas, die Vogerl zwitschern schon!“, wenn du zum Beispiel die Stiegen im Lokal Underground rauffällst, die kann man wirklich hinauffallen. St. Pölten hat eine ganz eigene Gravitation, und es zieht immer mehr an.

Wenn ich dir sehr nahe komme, so auf ein, zwei Meter, will ich dir etwas zeigen: deine inneren und äußeren Grenzen. Was stört dich außen, wer begegnet dir mit zu wenig Respekt. Oder stört dich ganz banal das Muster der Fußmatte vor deiner Eingangstür. Und was stört dich innen, vor der Tür zu deiner Seele. Sollte ich grad schlafen, hör dir in der Amsel-Wikipedia meinen Gesang an und geh ganz tief in deinen Bauch. Wenn du keinen Computer hast, wirst du jetzt ohnehin lächeln, weil du das schon seit 75 Jahren und länger machst: mich sehen, mir zuhören und in deinen Bauch fühlen. Weil du mich liebst, ich dich auch.
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